FRAKTION: HUXIT – Wer zahlt die gemeinsamen Altschulden?
FDP sieht weitere substantielle Fragen zur Kreisfreiheit ungeklärt
Die vom Magistrat der Sonderstatusstadt Hanau angestoßene Debatte über eine mögliche Kreisfreiheit der Stadt Hanau, wirft weitere dringend klärungsbedürftige Fragen auf.
„Diese Fragen müssen als erstes sachlich und emotionslos beantwortet werden. Solange solch substantielle Fragen ungeklärt sind, sollte man keine Bewertung der Vor- und Nachteile der Kreisfreiheit vornehmen“, weiß der ehrenamtliche Kreisbeigeordnete und ehemalige Stadtrat der Stadt Hanau, Dr. Ralf-Rainer Piesold.
Für den FDP-Fraktionsvorsitzende im Kreistag, Kolja Saß, ist es für den Kreis wichtig, dass die Fragen vorher offen angesprochen und geklärt werden, bevor man „grünes Licht“ zu einer Kreisfreiheit gibt: „Bisher vermisse ich ein Mindestmaß an Transparenz bei solch grundlegenden Fragen und befürchte, dass der Kreis nur bedingt vorbereitet in die Verhandlungen zu einem Auseinandersetzungsvertrag geht. Eine Anfrage der FDP-Fraktion wurde vom Landrat nur in dürftiger Form beantwortet. Diese knappe Beantwortung des Landrates, hat unsere Befürchtungen zur Vorbereitung der HUXIT-Verhandlungen leider steigen lassen.“
Eine dieser offenen aber entscheidenden Fragestellung sind die Altschulden des Kreises sowie die langfristigen Verpflichtungen, die aus der Hessenkasse resultieren. „Der Main-Kinzig-Kreis hatte Ende 2017 noch 412 Mio. € Schulden. Davon waren 186 Mio. Kassenkredite, die nun durch die Hessenkasse um 146 Mio. reduziert werden. Man kann also von etwa 266 Mio. € Altschulden ausgehen“, zeigt Saß auf und ergänzt: „Diese Schulden resultierten aus Zeiten, in denen die Kreisumlage nicht die Ausgaben decken konnte. Der Kreis hat in der Vergangenheit erhebliche Leistungen im Sozialbereich erbracht. Ob nun die Ausgaben für die Vermittlung von Langzeitarbeitslosen, Leistungen aus dem SGB II oder der Alterspflege verwendet wurden, kann jetzt wohl nicht mehr eindeutig geklärt werden, aber mit Sicherheit hat auch die Stadt Hanau von diesen sozialen Engagement profitiert.“
“Sozialleistungen steigen immer dann, wenn die konjunkturelle Situation nicht so gut ist. Insofern war es ein Akt der Solidarität des Kreises, diese Leistungen auch dann zu erbringen, wenn die Gewerbesteuereinnahmen nicht zu üppig gewesen sind“, zeigt Kolja Saß die Zusammenhänge auf und macht für seine Fraktion deutlich: „Für die Freien Demokraten ist nun eine bestmögliche und transparente Berechnung unumgänglich, da nur so die Frage nach der Zugehörigkeit der Schulden zu klären ist.
„Wenn man von ca. 420.000 Einwohner im Main-Kinzig-Kreis und von 95.000 Einwohner der Stadt Hanau im Jahr 2015 ausgeht, kommt man auf einen Quotienten von ca. 23%. Bei einer solch groben Betrachtung würde auf die Stadt Hanau ein Schuldenanteil von mehr als 61 Mio. € zukommen“, zeigt Saß grob auf, um welche Summen es sich handeln könnte.
Auch bei der Hessenkasse gibt es durchaus offene Fragen. So verpflichte sich der Landkreis zu einer anteiligen Tilgung von 10,5 Mio. € pro Jahr (25,- € pro Einwohner). Da das Land weitere 10,5 Mio. € zusteuert, werden die Kassenkredite innerhalb von ca. 8 Jahren getilgt. Jedoch beginnt die Tilgung erst im Jahr 2020. Daher muss der Kreis nun bis zum Jahr 2028 ca. 73 Mio. € aufbringen. Wenn Hanau für 2021 die Kreisfreiheit anstrebt, wäre der Hanauer Anteil ca. 16 Mio. €. Die Stadt Hanau müsste jährlich rein rechnerisch also ca. 2 Mio. € zusätzlich aufbringen.
„Diese Fragestellungen sind ausgesprochen wichtig. Wenn der Landrat sagt, er wolle dem HUXIT keine Steine in den Weg legen, darf das nicht bedeuten, dass die gemeinsam mit Hanau angehäuften Schulden, allein durch die Menschen von Maintal bis Sinntal abzahlt werden müssen. So würde die Stadt Hanau, am Ende für ihren Austritt aus der Solidargemeinschaft Main-Kinzig-Kreis, sogar noch, in Form eines Schuldenerlasses, belohnt. Im Wort Solidargemeinschaft steckt ja nicht umsonst das Wort Gemeinschaft“, zieht Saß ein deutliches Fazit.
Zudem warnt der Vorsitzende der FDP-Fraktion Kolja Saß davor, dass am Ende die Politik und auch die Demokratie beschädigt werden könnten, sollte man ein so umfangreiches Unterfangen wie den HUXIT, nicht im Vorhinein auf Herz und Nieren prüfen lassen: „Das Vorgehen sollte eigentlich für jeden selbstverständlich sein. Zuerst werden Fragen beantwortet und Fakten geschaffen. Dann, am Ende des Prozesses, wird eine Entscheidung getroffen. Aktuell scheinen sich alle involvierten Parteien bereits auf das Ergebnis geeinigt zu haben, ohne überhaupt die Fakten zu kennen. Das lässt einen schon nachdenklich zurück.“
„Wir wiederholen an dieser Stelle auch unsere Forderung, dass diese Fragen unabdingbar von neutraler Seite durch das Land Hessen beantwortet werden sollten. Das Land Hessen ist hier die logische Wahl, da es als Kommunalaufsicht für beide Gebietskörperschaften zuständig ist“, macht Dr. Piesold abschließend für die FDP-Fraktion deutlich.