FRAKTION: Liberale kritisieren hessischen Entwurf zu einem eGovernment-Gesetz

Kreise und Kommunen bei der Digitalisierung stärker einbinden

– Liberale kritisieren hessischen Entwurf zu einem eGovernment-Gesetz

„Dieser Gesetzesentwurf der Hessischen Landesregierung zu eGovernment war längst überfällig! Die Bestrebungen der Landesregierungen gehen zwar grob in die richtige Richtung, sind aber viel zu dürftig“, macht der ehrenamtliche Kreisbeigeordnete, Dr. Ralf-Rainer Piesold, die Position der FDP Kreistagsfraktion deutlich.

eGovernment ist die Antwort der öffentlichen Verwaltungen auf die Anforderung, die durch die Digitalisierung entstehen. In der Industrie ist bereits der Begriff der Industrie 4.0 etabliert und in der Umsetzung. In unser aller Alltag hat die Digitalisierung erhebliche Veränderungen hervorgerufen. Deutschland hat jedoch erneut in einem wichtigen politischen Gebiet längst den Anschluss verpasst. Laut einer Studie der Europäischen Kommission zum Thema eGovernment liegt die Bundesrepublik in Europa lediglich auf Platz 22 und kann Ländern wie Estland und Finnland nicht das Wasser reichen.

Die Stadt Hanau hat bereits 2002 einen FDP-Antrag zum eGovernment beschlossen. Städte wie Frankfurt und Darmstadt haben auch schon vor Jahren mit dem Aufbau von eGovernment-Systemen begonnen. 2013 hat dann die Bundesregierung ein Gesetz beschlossen, was jedoch primär die Bundesbehörden betreffe. Die Bayrische Landesregierung hat Ende 2015 ein umfassendes Gesetz zu diesem Gebiet auf den Weg gebracht und sei deswegen auch führend auf diesem Gebiet. In Bayern wurde eine enge Zusammenarbeit mit den Kommunen gesucht. Hessen hinkt aktuell fast drei Jahre hinterher und mache nun auch noch einen halbherzigen Vorschlag.

„Die Landkreise und Kommunen sind von der hessischen Landesregierung aufgefordert worden, Verbesserungsvorschläge zu diesem Gesetzentwurf zu machen. Diese Möglichkeit sollte der Main-Kinzig-Kreis dringend wahrnehmen, denn nur so können wir unseren Einfluss geltend machen und unser Interesse zum Ausdruck bringen. Bisher ist uns jedoch nicht bekannt, ob und wie sich der Main-Kinzig-Kreis positioniert hat. Auf eine mündliche Anfrage haben wir nur ungenaue Antworten erhalten und daher nun eine schriftliche Anfrage an den Kreis gestellt“, erklärt der Vorsitzender der FDP-Kreistagsfraktion, Kolja Saß.

„Die öffentlichen Verwaltungen in Deutschland hinken der privaten Wirtschaft weit hinterher“, erklärt Saß und ergänzt: „Der Main-Kinzig-Kreis, mit seinen 29 Kommunen, stellt da keine Ausnahme da. Das Angebot an die Wirtschaft ist ebenso steinzeitlich, wie das an die Bürgerinnen und Bürger. Der Gang zum Amt ist heute noch genauso erforderlich und mit enormen Wartezeiten verbunden, wie 1974 bei der Gründung des Main-Kinzig-Kreises.“

„Insgesamt haben wir starke Zweifel an diesem Gesetzesentwurf der Landesregierung, da die kommunalen Anliegen zu wenig Berücksichtigung finden. Bei einem Vergleich mit dem Entwurf in Thüringen, der fast zeitgleich vom dortigen Kabinett beschlossen wurde, kann man den Unterschied erkennen“, meint Dr. Piesold und ergänzt: „In Hessen sind entscheidende Aussagen zum eGovernment, wie zum Beispiel einem einheitlichen Bürgerportal, Open Data oder gar dem wichtigen Datenschutz, schlicht nicht zu finden.“

„Das stärkste Manko ist für uns Liberale aber, dass die Einbindung der Gemeinden und Kommunen viel zu kurz kommt. Hier ist der hessische Gesetzentwurf so vage, dass er wesentlich weniger aussagt als das bayrische eGovernment-Gesetz oder der Entwurf aus Thüringen“, unterstreicht Kolja Saß

„EGovernment funktioniert nur dann, wenn die verschiedenen Verwaltungsebenen koordiniert zusammenarbeiten. Die für die Bürgerinnen und Bürger kaum zu durchdringenden unterschiedlichen Aufgaben der verschiedene Verwaltungsebenen zeigen dies deutlich auf. Das Einwohnermeldeamt ist eine kommunale Sache, das Auto ist Kreisangelegenheit, der KiTa-Platz wird wieder in der Gemeinde vergeben und beim Thema Schule sind die Kommune, der Kreis und sogar die Landesverwaltungen parallel involviert“, zählt Dr. Piesold auf und ergänzt: „Die Strukturen der öffentlichen Verwaltung sind nicht nur undurchsichtig, sie benötigen vor allem viel zu viel Zeit. Wir leben im 21. Jahrhundert und haben längst die technischen Möglichkeiten diesen Prozess bürgernah zu optimieren. Warum dies gerade in Deutschland so träge angegangen wird, ist uns unerklärlich.“

„Wir haben im Kreistag schon mehrere Anträge zur Verbesserung des digitalen Angebotes eingebracht. Viele dieser Anträge wurden vom Kreistag auch beschlossen. Ob und wann diese umgesetzt werden, müssen wir leider abwarten. Wir werden jedoch unser Engagement weiter ausbauen und auch auf dem Landesparteitag der FDP im April einen Antrag zur Erweiterung des eGovernment-Gesetzes einbringen“, erklären Saß und Piesold abschließend.